Die Geschichte des Siedlungshauses
Das Siedlungshaus weißt in seiner heute bekannten Form eine rund einhundertjährige Geschichte auf. Es handelt sich dabei meist um ein Haus mit eineinhalb Stockwerken und einem Dachboden unter dem spitz zulaufendem Satteldach. Oftmals sind Siedlungshäuser auch halb oder ganz unterkellert. Dabei ragt üblicherweise ein Teil der Kellerwände aus dem Boden und das Haus sieht aus als würde es auf einem Sockel stehen. Als weitere Form des Siedlungshauses gilt das – auf der Weltausstellung in Paris 1855 vorgestellte – Siedlungshaus im Kreuzgrundriss.
Das Siedlungshaus
Wenn man heute von einem Siedlungshaus redet, ist in der Regel die Art von Haus gemeint, die für die 1920er bis späten 1950er Jahre prägend war. In diesen Jahrzehnten entstanden deutschlandweit unzählige Siedlungshäuser, ob als Teil einer riesigen Werkssiedlung oder als Eigenheim für die ganze Familie. Erstere wurden auf einfachen Standards und meist ohne Keller gebaut. Zudem handelte es sich bei den Werks-Siedlungshäusern um Doppelhaushälften. Diese Häuser waren aber nicht etwa doppelt so groß, sondern waren lediglich in der Mitte geteilt. In Folge dessen besaßen die Haushälften nur je eine Wohnfläche von rund 40 bis 60 Quadratmetern. Sie wurden – wie der Name bereits erahnen lässt – für Arbeiter von großen Werken im Zuge der Industrialisierung gebaut.
Ein Haus für die Familie
Die Einfamilien-Siedlungshäuser wießen hingegen schon damals einen wesentlich höheren Standard und Komfort auf und sind bis auf einige Ausnahmen voll unterkellert. Oft wurden die Häuser gemeinsam mit der ganzen Familie, sowie Freunden und Nachbarn in Eigenregie gebaut. Im Gegenzug half man den zukünftigen Nachbarn und Freunden ebenfalls beim Aufbau der Siedlungshäuser und teilte Baupläne. Dies ist auch der Grund warum sich viele Häuser aus der gleichen Zeit sehr ähnlich sehen oder gar identische Baupläne aufweisen. Bei Verwendung eines identischen Bauplans, nennt man die nach diesem Plan gebauten Gebäude Typenbauten.
Kriegszeiten
Ein weiterer Grund für die optische Ähnlichkeit ist die – nicht zu vergessende – Tatsache, dass gerade zu Zeiten vor und während des Zweiten Weltkriegs viele Siedlungen von den Nationalsozialisten geplant und gebaut wurden. In die Siedlungshäuser durften kinderreiche Familien, Versehrte oder auch Heimatvertriebene einziehen. Sie hatten jedoch gewisse Vorschriften zu befolgen und mussten Gemüse und Tiere nach Plan anbauen und halten, um eine Versorgung mit Lebensmitteln im Kriegsfall sicher zu stellen. Es handelte sich bei den Siedlungen der Nationalsozialisten wie bei den Werkssiedlungen meist um geplante Doppelhaushälften.
Ein Garten zur Selbstversorgung
Siedlungshäuser wurden damals auf großzügigen Grundstücken gebaut, um eine Selbstversorgung mit Gemüse und Fleisch sicher stellen zu können. Hinter den Häusern befand sich ein Garten mit Gemüse und Obstbäumen, kleinen Nebengebäuden und Flächen oder Ställen zur Haltung von kleinen Nutztieren wie Kaninchen und Hühnern. Typische Siedlungsgrundstücke waren um die 700 bis 1200 m2 groß. Es gab aber natürlich auch Abweichungen nach oben und unten. Sehr große Siedlungsgrundstücke sind heute oft in mehrere einzelne Flurstücke aufgeteilt.